Unromantisch? Wann Eheverträge sinnvoll sind!
1.
Ohne Ehevertrag gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Fall der Scheidung wird dann zunächst das Anfangs- und Endvermögen eines jeden Ehegatten zu Beginn und am Ende der Ehe ermittelt und der sich hieraus ergebende Überschuss hälftig geteilt. Den zu ermittelnden hälftigen Überschuss hat der Zugewinnausgleichsverpflichtete dem Zugewinnausgleichsberechtigten zu bezahlen. Ob nur einer der beiden Ehegatten oder beide zur Vermögensvermehrung während der Ehe beigetragen haben, ist bei der Frage des Zugewinnausgleichs nicht relevant.
Insbesondere bei Unternehmerscheidungen und entsprechenden dabei vermittelten Vermögenswerten kann sich jeder leicht vorstellen, dass bei der Ermittlung von Anfangs- und Endvermögen der Streit schon losgeht und oft teure Gutachten erforderlich sind. Verbunden ist das auch mit sehr langwierigen, Kräfte zehrenden und teuren Gerichtsverfahren.
Ohne entsprechenden Ehevertrag kann es beispielsweise zu folgender Situation kommen:
Einer der beiden Ehegatten gründet nach der standesamtlichen Heirat ein Unternehmen. Die Geschäfte laufen dann äußerst erfolgreich und das Unternehmen hat zum Zeitpunkt der Scheidung einen Wert von z.B. 1 Mio. €. Gleichzeitig ist auf Seiten des anderen Ehegatten aber keine Vermögensänderung eingetreten, z.B. wegen Verzichts auf Karriere wegen Kindererziehung. Wenn ansonsten beidseitig keine Vermögenswerte vorhanden sind oder diese sich entsprechen, hat der Ehegatte ohne Änderung des Vermögens während der Ehe einen Ausgleichsanspruch, der die Hälfte des Unternehmenswertes beträgt.
In unserem Beispiel wären das also 500.000 €, wenn nicht via Ehevertrag etwas anderes vereinbart ist.
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass für die Ermittlung der Werte des Unternehmens im Anfangs- und Endvermögen nicht etwa die niedrigen Steuer- oder Bilanzwerte maßgeblich sind, sondern immer der tatsächliche Verkehrswert des Unternehmens herangezogen wird. Das bedeutet in der Praxis: Ob das Geschäft gerade gut oder schlecht läuft, ist für die Scheidung unerheblich. Der Zugewinnausgleichsverpflichtete müsste im vorliegenden Fall ohne Ehevertrag 500.000 € bezahlen. Ob der Unternehmer dann in eine finanzielle Schieflage gerät, Kredite aufnehmen muss oder das Unternehmen sogar verkaufen muss, ist für das Scheidungsverfahren ohne Belang. Auch der ggf. damit verbundene Wegfall der Arbeitsplätze ist juristisch im Scheidungsverfahren kein Argument gegen die Durchführung des Zugewinnausgleichs.
Festzuhalten ist auch, dass der zugewinnausgleichsberechtigte Ehepartner nach Erlangung einer vollstreckbaren Entscheidung durch das Gericht seine Ansprüche per Zwangsvollstreckung durchsetzen kann, ggf. in das unternehmerische Vermögen, so dass dann die Existenzgrundlage umso mehr gefährdet ist. Auch das ist bei Vereinbarung eines Ehevertrages bei einer Unternehmerehe zu berücksichtigen. Die Zwangsvollstreckung in das unternehmerische Vermögen kann zur Absicherung ausgeschlossen werden, was für den Unternehmer und auch für die Absicherung der Arbeitsplätze wichtig ist.
2.
Im Ergebnis ist also bei Unternehmerehen ein notarieller Ehevertrag anzuraten, in welchem die so genannte „modifizierte Zugewinngemeinschaft“ vereinbart werden kann. „Modifizierte Zugewinngemeinschaft“ heißt, dass z.B. das unternehmerische Vermögen aus der Berechnung des Zugewinnausgleichs herausgehalten werden kann für den Fall der Scheidung. Dagegen kann man es für den Erbfall bei der Zugewinngemeinschaft belassen, die für den überlebenden Ehegatten erbrechtlich und steuerlich die günstigere Variante ist als die der Gütertrennung. Für den Fall einer solchen notariellen Vereinbarung ist auch daran zu denken, dass die Zwangsvollstreckung in das unternehmerische Vermögen ausgeschlossen wird. Ansonsten wäre die Existenzgrundlage gefährdet und auch die Einkunftsquelle des Unternehmers, aus der dieser ggf. Unterhaltszahlungen vornehmen soll.
3.
Eine völlig andere Frage ist, dass man als Unternehmer auch durch Geschäftspartner in finanzielle Schieflage geraten kann. Dies insbesondere dann, wenn bei einem solchen Geschäftspartner eine Scheidung ansteht. Ohne entsprechende gesellschaftsrechtliche Regelungen der Geschäftspartner untereinander besteht die große Gefahr, dass im Rahmen der Scheidung des Geschäftspartners dessen Ehepartner in das unternehmerische Vermögen vollstreckt, wenn eine vollstreckbare Entscheidung eines Gerichts vorliegt. Daran ist bei Abschluss von Gesellschaftsverträgen von Unternehmern zu denken.
4.
Unromantisch dürften solche Verträge nicht sein. Sie dienen vielmehr dazu, dass für den Fall des Scheiterns der Ehe zum einen eine klare Regelung besteht und zum anderen dem Unternehmerehegatten nicht die Existenzgrundlage genommen wird, was man kaum als unromantisch bezeichnen kann. Immerhin dienen Einkünfte aus dem Unternehmen ggf. auch dazu, Ehegattenunterhalt und Kindesunterhalt zahlen zu können.
Ihr Martin Weipfenning
Fachanwalt für Familienrecht in Nürnberg
Eingestellt am 29.05.2017 von M.Weispfenning
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